Via Alpina 1 – Sieben Tage zu Fuß durch die Schweizer Alpen

Steile Berge, tiefe Täler und wenig Menschen – hohe Wasserfälle, schneebedeckte Gipfel und heftige Gewitter: Die Via Alpina hält für Aktivurlauber und Outdoorenthusiasten ein großartiges Abenteuer bereit. 

Im August 2024 war ich sieben Tage in den Schweizer Alpen unterwegs. Mit Zelt und Rucksack (zur Packliste) ging es jeden Tag einen hohen Berg hinauf. In diesem Artikel erfährst du Wissenswertes zur Via Alpina in der Zentralschweiz.

Trübsee (1763m), Jochpass (2207m) und Wendenstöcke (3042m)


Allgemeine Informationen zur Via Alpina 1

Die Via Alpina ist ein Netz aus Fernwanderwegen in den Europäischen Alpen – insgesamt gibt es 5 offizielle Routen, die durch acht verschiedene Länder führen. Ich war eine Woche auf dem grünen Weg – der Via Alpina 1 – in der Schweiz unterwegs. 

In 20 Tagen durch die Schweiz

Der grüne Weg startet in Vaduz, Lichtenstein und endet in Montreux am Genfer See. Wer die Via Alpina läuft, kann in 20 Tagesetappen einmal die gesamte Schweiz von Ost nach West durchqueren und passiert dabei 14 der schönsten Pässe der Schweizer Alpen

Insgesamt ist die Via Alpina 1 (früher Alpenpassroute) 390km lang und überwindet dabei ca. 23.000 Höhenmeter im Auf- und 25.000 Höhenmeter im Abstieg. Konditionell handelt es sich bei der Via Alpina 1 um einen sehr anspruchsvollen Wanderweg – technisch gesehen kann man den grünen Weg der Via Alpina mit entsprechender Ausrüstung aber auch als Beginner meistern. 


Meine Erfahrungen auf der Via Alpina 1

Ich weiß, Zeit ist kostbar und deshalb möchte ich an dieser Stelle auch nicht wieder eine ellenlange Geschichte erzählen (dazu schreibe ich besser irgendwann mal ein Buch, in das ich dann einfach eine tolle Story aus jeder Wanderung packe – ‚Geschichten eines Wanderers‘ oder so. Würde dir das gefallen?), sondern mich lieber auf das Wesentliche beschränken, damit du alle wichtigen Infos schnell und auf einen Blick parat hast. 

Da ich in voller Montur, also mit Zelt, Essen und Schlafsack unterwegs war, habe ich mich nicht an den vorgegebenen Etappen orientiert, sondern einfach da übernachtet, wo es gerade schön war – oder ich zu K.O. war, um weiterzulaufen. Das war tatsächlich meistens der Fall, denn schön wars einfach überall.


Etappe 1: Altdorf – Surenenpass

Wenn du morgens in Altdorf startest, erwartet dich gleich zu Beginn des Tages ein heftiger Anstieg. Hoch zur Brüsti sind es nämlich rund 1000 Höhenmeter auf einer Strecke von nur zwei Kilometern. Hier wird dich keiner verurteilen, wenn du die Seilbahn nimmst. Für nur 11 CHF bringt dich die Gondel in rund 10 Minuten auf den Berg. Oben angekommen gibt es ein Restaurant mit fantastischem Panoramablick über Altdorf

Tipp: Gönn dir dort ein Cordon Bleu. Das wird extra frisch zubereitet und ist das Highlight auf der Speisekarte. Dazu ein Bier und Aussicht genießen, bitte! Denn danach wartet der Aufstieg zum Surenenpass und der hat es in sich.

Von der Brüsti zum Surenenpass hast du noch mindestens zwei Mal die Möglichkeit, deine Wasserflaschen aufzufüllen. Schleppe also nicht unnötig Kilos mit dir herum. 

An diesem Tag musste ich bereits um 16 Uhr Schluss machen, da, als ich gerade auf den letzten Metern zum Gipfel den Berg hinaufkraxelte, eine fette schwarze Wolke vor mir über den Berg geflogen kam. Ich überlegte nicht lange und baute so schnell ich konnte mein Zelt auf. Keine 5 Minuten später saß ich auf 2500 Metern Höhe in dem krassesten Gewitter, das ich jemals erlebt hatte. Die Donnerschläge waren laut, der Regen stark und der Wind heftig; mein Zelt stand nur noch an seinem Platz, weil ich dort dringelegen hatte – und um 90 Kilo wegzupusten, braucht es dann doch ein bisschen mehr. 

Übrigens: Diese heftigen Gewitter sind im August normal in den Alpen – und sie treten meistens erst nachmittags auf, da es sich um sogenannte Hitzegewitter handelt. Damit es dir nicht so ergeht wie mir, sorge also dafür, dass du den höchsten Punkt der Etappe bereits zur Mittagszeit überwunden hast. 


Etappe 2: Surenenpass – Trübsee

Nur wenige Meter nachdem du den Gipfel des Surenenpasses passiert hast, stößt du auf eine kleine Schutzhütte. Alternativ befindet sich die nächste Berghütte Blackenalp rund einen Stundenmarsch entfernt. Dabei handelt es sich um eine kleine familiengeführte Alp, die auch kleine Snacks anbietet. 

Im Anschluss führt die Via Alpina gemächlich bergab durch atemberaubende Berglandschaften, bis du nach rund 4 Stunden in Engelberg ankommst – einem kleinen Skiort mit jeder Menge Cafés, Sportläden und Lebensmittelgeschäften.
Es fährt dort auch eine Seilbahn hoch zum Trübsee, die allerdings aufgrund der Touristenmassen extrem teuer ist – 27 CHF kostet die 10-minütige Gondelfahrt.

Das schöne an diesen Hitzegewittern ist ja, dass sie wirklich nur temporär das ansonsten stets hervorragende Wetter in den Alpen unterbrechen. Nach einem 30 minütigen Gewitter mit Hagelkörnern so groß wie Golfbälle – das ich im Übrigen bei einem Abendessen mit Schweizer Spezialitäten in der Alpstubli am Trübsee aussaß – gab es im Anschluss wieder grandioses Wetter und ich konnte die letzten Stunden des Tages bei Sonnenschein mit einem Bad im Trübsee verbinden. Und weil wegen des krassen Gewitters alle Bürotussis in Highheels schnell das Weite suchten, blieb ich an dem sonst so touristischen Bergsee komplett ungestört und konnte die Ruhe in vollen Zügen genießen – und das ist nach einem anstrengenden Wandertag genau das, was ich haben will. Ein Hoch auf das Scheißwetter! 


Etappe 3: Trübsee – Gummen

Vom Trübsee führt ein steiler Weg hoch zum Jochpass. Danach könntest du Lust auf einen Kaffee haben – das Restaurant auf dem Gipfel kann ich aber nicht empfehlen. Dort wirst du nämlich nur auf Touristen mit Handtaschen treffen. Außerdem ist es viel zu teuer! Gedulde dich lieber noch ein bisschen und laufe eine Stunde weiter bis zur Engstlenalp. Der Weg vom Jochpass zum Engstlensee hinunter ist auch echt schön und in der Berghütte Engstlenalp erwartet dich wieder kaltes Bier – in Kombination mit der herzhaften Schweizer Küche die perfekte Mittagspause. Und das beste: keine Bürotussis in Highheels! 

Von der Engstlenalp nach Meiringen ist es ein gutes Stückchen, aber die Landschaft lässt dich nicht im Stich. Heute gibt es keine steilen Gipfel zu bezwingen, dafür geht es die ganze Zeit gemächlich auf und ab  – mit ziemlichen geilen Ausblicken nach rechts und links. 

Ein Großteil der Etappe führt über einen schmalen Grat hoch oben auf dem Gipfel. Am höchsten Punkt angekommen, bietet sich dir ein toller Blick auf Gummen und Hasliberg. Von nun an geht es nur noch steil bergab bis nach Meiringen – ca. 2000 Höhenmeter. 

Tipp: In Gummen gibt es viele Zeltmöglichkeiten mit Blick auf das Wetterhorn.

Gummen ist ein Bergdorf auf 1530m. Der Blick auf das Wetterhorn (3690m) ist genial.


Etappe 4: Gummen – Große Scheidegg

Etwas unterhalb von Gummen fährt eine Seilbahn bis nach Meiringen – und von Hasliberg rund eine Stunde weiter auch. Alternativ musst du den Weg bergab halt laufen, was auch ganz ok ist – hab ich auch gemacht. 

In Meiringen kannst du dann den Bus zur Rosenlaui nehmen und dir somit rund 700 Höhenmeter von den insgesamt 1500 am heutigen Tag sparen. 

Hier verhält es sich ähnlich wie mit der Seilbahn von Altdorf zur Brüsti: Der Weg hoch zur Rosenlaui ist ziemlich steil und wenig spektakulär, weshalb ich dir den Bus ans Herz legen würde – der schöne Teil der Wanderung beginnt nämlich erst dort. Der Aufstieg zur Großen Scheidegg ist dann relativ harmlos. Richtig steil wird es nie, aber dennoch gilt es noch rund 800 Höhenmeter zu überwinden. Du wanderst den gesamten Tag über am Fuße des Wetterhorns entlang, was dir, wenn du Glück mit dem Wetter hast, viele tolle Fotos ermöglicht. 

Auf der Großen Scheidegg gibt es ein Restaurant zur Stärkung und eine Bushaltestelle, damit die Bürotussis in Highheels (Ja die siehst du hier auch wieder des Öfteren – die kommen nämlich alle von Grindelwald aus mit dem Bus hochgefahren) auch wieder wohlbehalten in ihr 8-Sterne Hotel zurückkommen. Dabei ist der Weg hinunter echt easy und bietet dir die ganze Zeit einen tollen Blick auf Grindelwald und den Eiger (3967m). 


Etappe 5: Große Scheidegg – Mürren

In Grindelwald angekommen, wirst du bemerken, dass dies der mit Abstand touristischste Ort der ganzen Via Alpina ist. Besonders auffällig hier sind die ganzen Amerikaner. Natürlich ist auch hier alles touristisch erschlossen und du hast drei Möglichkeiten, zur kleinen Scheidegg zu kommen.

Die kleine Scheidegg erreichst du entweder per Seilbahn, per Zug oder halt zu Fuß. Egal für welchen Weg du dich entscheidest: Die Landschaft ist atemberaubend, da der Weg nach oben die ganze Zeit über an der Eiger Nordwand vorbei führt. 

Jungfrau (4158m)

Auf der kleinen Scheidegg erreicht der Touristensturm dann seinen Höhepunkt – ich habe noch nie so viele Leute auf einem Berg gesehen! Und mindestens 10 Restaurants! Aber wenn man hungrig ist, ist das ja doch gar nicht mal so übel.

Das lustige ist aber auch, dass sobald du 50 Meter weiter gehst, kaum noch Menschen siehst. Das liegt halt daran, dass man in Highheels nicht so gut laufen kann … 😉 

Der Rest des Tages ist dann sehr entspannt und führt gemächlich bergab bis du schließlich in Lauterbrunnen ankommst.

Tipp: Die folgende Strecke von Lauterbrunnen zur Griesalp ist ziemlich anstrengend (2000Hm), weshalb dich auch hier wieder niemand verurteilen wird, wenn du die Seilbahn nach Mürren nimmst. Du sparst damit rund 600 Höhenmeter. Ich bin noch am selben Abend hochgefahren und habe in Mürren – das ist ein autofreies Dorf auf 1650 Metern – die Nacht im Hotel Jungfrau verbracht. Die Seilbahn fährt in der Hochsaison bis 20 Uhr und kostet 8 CHF


Etappe 6: Mürren – Griesalp

Sonne pur und ziemliche geile Berge. Wenn du auf dieser Etappe Glück mit dem Wetter hast, erwartet dich heute eine sehr schöne aber auch herausfordernde Strecke. Zunächst geht es rund 800 Höhenmeter rauf zur Rotstockhütte – dabei immer im Blick das Gspaltenhorn (3463m) und dann noch 600 weitere zur Sefinenfurgge (2612m). Vor allem der letzte Teil ist extrem steil, weshalb du in der Rotstockhütte unbedingt Mittagspause machen solltest. Die Käsespatzen dort sind echt gut! 🙂  

Hast du es hoch zur Sefinenfurgge geschafft, bietet sich dir ein toller 360° Blick auf die Umgebung. Über Treppen folgt ein steiler Abstieg hinunter ins Kiental bis du nach rund zwei Stunden an der Griesalp ankommst. 


Etappe 7: Griesalp – Kandersteg

Das beste kommt wie immer zu Schluss! Diese Etappe wird auch die Königsetappe der Via Alpina genannt. 

Von Beginn an führt der Weg pausenlos bergauf durchs UNESCO Welterbe. Zunächst für die Etappe durch dichten Nadelwald – Wanderer werden diesen Teil lieben – im Anschluss folgen grüne Almwiesen und die letzten Meter zum Gipfel sind steiles Geröll. Dabei links von dir hast du stets den Blümlisalpgletscher im Blick. 

Denke an diesem Tag unbedingt daran, deine Wasserflaschen aufzufüllen. Die Blümlisalphütte auf 2840m ist die einzige Möglichkeit erneut an Snacks oder Getränke zu kommen – und auch die ist mit einem kleinen Umweg verbunden. 

Wenn du den anstrengenden Teil geschafft hast, geht es nur noch bergab. Zunächst wartet allerdings noch eine Gratwanderung auf dem Gipfel auf dich. Hier sind Karabiner von Vorteil, da es rechts von dir echt ziemlich steil bergab geht – ein falscher Schritt wäre schlecht. Ansonsten gilt einfach gut festhalten. Lass das eine Seil erst los, wenn du das nächste bereits fest in der Hand hältst. 

Hast du dann auch diesen Teil geschafft, geht es nur noch bergab. Zuerst zum idyllischen Oeschinensee (1578m) und im Anschluss bis nach Kandersteg

Sonnenuntergang am Oeschinensee (1578m) und Oeschinenhorn (3486m)

Achtung: Zelten ist am Oeschinensee verboten! Wegen der vielen Touristen vor Ort ist auch bis Sonnenuntergang warten und erst dann das Zelt aufbauen keine Option. Vor Ort kontrollieren Ranger das Gelände. Mache dir also im Vorfeld schon Gedanken, wo du übernachten kannst. Wenn du unbedingt Zelten möchtest, gibt es kurz vor Kandersteg einige Möglichkeiten direkt am Fluss.  


Mein Fazit zur Via Alpina 1

Natürlich hat jede Wanderung seine Licht- und Schattenseiten. Neben dem Aspekt, dass die Landschaft mit Abstand das geilste war, das ich je gesehen habe, waren die Abende dagegen doch recht langweilig. Alleine oben auf dem Berg auf den Sonnenuntergang zu warten, hat aber auch seinen Charme. 

Technisch gesehen ist die Wanderung für jeden ohne körperliche Einschränkungen zu bewältigen. Konditionell dagegen solltest du aber trainiert sein – erst recht, wenn du mit einem dicken Rucksack unterwegs bist. 

Zugegeben: Ich habe während der gesamten Woche niemanden mit einem Rucksack die der Größe meines gleicht gesehen, geschweige denn Leute, die mit dem Zelt unterwegs waren. Und dass mich ausnahmslos jeder(!), den ich getroffen habe, gefragt hat wie schwer denn mein Rucksack sei, heißt wohl, dass in dieser Art und Weise, wie ich das gemacht habe, nicht all zu viele Leute machen.

Wenn du die Natur liebst und einfach mal vom Alltag abschalten möchtest; wenn du nichts denken willst, außer … 

‚Was esse ich heute?‘ 

‚Wo schlafe ich heute?‘ 

‚Wie weit ist es noch?‘

oder 

‚Wie wird das Wetter morgen?‘

… dann kann ich dir diese Wanderung mit Zelt und Rucksack nur ans Herz legen. Der Vorteil ist einfach, dass du Schlafen kannst, wo du gerade möchtest und deshalb auch dein Frühstück und Abendessen bei Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergang auf den schönsten Gipfeln der Schweizer Alpen genießen kannst.

Nebenbei sei erwähnt: Du sparst eine Menge Geld für Übernachtungen, da die Berghütten viel zu teuer sind – ich finde ja, dieses Geld ist in gutes Essen wesentlich besser investiert! 🙂 – und du musst dich nicht mit 20 schnarchenden Leuten in den Schlafsälen herumschlagen!

Alles in allem war das eine ziemlich geile Woche in der Schweiz! 

Wenn du gerne wandern gehst, dir diese Tour aber zu anstrengend ist, dann schau dir auch gerne meine Artikel zum Kungsleden, zum Södra Kungsleden oder zum West Highland Way (folgt in Kürze) an. Diese sind nicht weniger abenteuerlich dafür aber deutlich entspannter was die Höhenmeter angeht. 

In diesem Sinne – bis zum nächsten Mal. 

Cheers

Dein Sebastian 


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