Södra Kungsleden – Fernwandern in Schweden Teil II
Episode 4
20. Februar 2022

Vogelgezwitscher, Blauer Himmel und warme Sonnenstrahlen auf der Haut – so darf ein Tag gerne anfangen.
Was ich bisher nie verstanden habe, wenn ich in Schweden war: Warum, zum Teufel, ist die Sonne hier so stark? Laut Wetterbericht sind es gerade mal lächerliche 8 Grad, aber bei Sonnenschein könnte man meinen, man würde in Australien in der Sonne sitzen. So ist das fast jeden Morgen. Abends kann es gar nicht schnell genug in den Schlafsack gehen, weil die Nächte so krass kalt sind in den Bergen, aber wenn sich früh morgens die Sonne zeigt, wird’s plötzlich richtig warm. Und mit morgens ist hier unter Umständen schonmal 4 Uhr nachts gemeint, denn umso weiter nördlich du dich befindest, umso kürzer sind die Nächte. Richtig dunkel wird’s im Sommer nie. Von Juli bis August scheint in Schweden nämlich die Mitternachtssonne.
Nach einem ausgiebigen Frühstück an diesem wunderschönen Morgen schnürte ich die Wanderschuhe, schulterte den Rucksack und machte mich voller Elan auf die Socken. Sogar die Wanderstöcke ließ ich heute stecken, da der Weg so unglaublich flach und grün war. Keine Berge, keine Pfützen – nur ich und die Natur.

Wegmarkierungen hatte ich schon lange keine mehr gesehen … aber es gab nur einen Weg, also folgte ich diesem einfach. Nach rund einer Stunde erreichte ich dann eine Weggabelung: Rote Steine führten links den Hang hinunter – ein anderer Weg ging weiter über die Bergketten. ‚Folge immer den Markierungen!‘, hatte ich gelernt. ‚Sonst biste irgendwann verloren.‘
Als ich aber dann eine einsturzgefährdete Brücke auf der einen und einen riesigen Sumpf auf der anderen Seite sah, dämmerte mir langsam, dass ich doch lieber hätte auf den Bergen bleiben sollen. Auch ein paar kleine Häuschen standen dort. Wohnen tat da aber niemand. Es sah mehr aus wie eine alte Werkstatt. Abgeschlossen. Toll. Erstmal Zeit für Mittagessen.


Mittlerweile hatte ich dann eingesehen, dass ich wohl wieder mal falsch abgebogen war und den ganzen Weg besser zurück laufen sollte. Nach rund 4 Kilometern erreichte ich dann den Punkt, an dem ich schon vor 3 Stunden gewesen bin … Tolle Scheisse!
‚Ach sieh mal einer an … ein Kreuz!‘
‚Ich könnte schwören, dass das eben noch nicht da war.‘
‚Naja … aber ich bin ja auch farbenblind! Shit happens. Weiter gehts!‘
Selbstgespräche sind super!
Zurück auf rechtem Wege schlug ich – schlecht gelaunt und abekämpft – an der nächsten Hütte mein Nachtlager auf. Zum Glück gab es da auch wieder einen warmen Ofen.

An diesem Tag schaffte ich nur 11 Kilometer. Das deprimierende daran war, dass ich aber mindestens 20 gelaufen bin …
Mittlerweile weiß ich, dass die roten Markierungen auf den Steinen lediglich den Weg von der, ich nenne es mal Siedlung, Weg zum Kungsleden zeigen sollten. Der Kungsleden selbst war nämlich überwiegend mit roten Kreuzen markiert. Auf dem nördlichen Kungsleden allerdings hatte ich gelernt, dass die roten Kreuze den Winterweg markieren und die roten Steine den Sommerweg. Nicht wirklich konsequent umgesetzt, aber wat solls. Wenigstens hat man wieder eine tolle Geschichte zu berichten. Sonst würde ich hier nur langweiliges Zeug erzählen, das sowieso niemanden interessiert.